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„Wir holen keine Legionäre“

„Wir holen keine Legionäre“

Leonberger Kreiszeitung vom 11.07.2025 | Jürgen Kemmner
Die Volleyball-Bundesliga der Frauen startet erst im Oktober, Blaubären-Manager Michael Kaiser ist über den Sommer mit seinem Team gefordert, die Lizenzbestimmungen der Liga zu erfüllen. Ihn treibt dabei vor allem die noch offene Hallenfrage wegen der Zuschauerkapazität um.

Vor vier Jahren war Michael Kaiser Abteilungsleiter Volleyball beim kleinen TSV Flacht, nun ist der 42-Jährige einer der Manager eines Clubs aus der Bundesliga. Das bringt viele neue Aufgaben mit sich – und mehr recht kniffelige Fragen.

Herr Kaiser, dass Sie kürzlich als Manager beim TSV Flacht verlängert haben, konnte niemanden überraschen, oder?

Jeder, der mich kennt, weiß, dass das tatsächlich keine Überraschung ist.

Das heißt, dass der Sommerurlaub wegen der Vorbereitung auf die Bundesliga-Premiere bei Ihnen ausfällt.

(Lacht.) Ich war schon im Urlaub und habe es hinbekommen, dass ich nicht permanent im Einsatz war. Aber diese Phase vor dem Saisonstart ist die entscheidende, in der am intensivsten gearbeitet wird – wenngleich Außenstehende meinen könnten, da nicht gespielt wird, passiert nichts im Verein. Wir arbeiten die Aufgaben scheibchenweise kontinuierlich ab.

Was steht auf Ihrer To-do-Liste?

Da geht es etwa darum, die Verträge umzusetzen, die wir mit unseren alten wie neuen Sponsoren geschlossen haben: Wer bekommt Bandenwerbung, wer einen Bodenkleber, wer kommt aufs Trikot, wer bekommt Besuche der Mannschaft im Unternehmen – jedes Paket ist individuell. Das Hallenheft muss gestaltet, die Social-Media-Kanäle am Laufen gehalten werden. Und dann kommt der Kontakt mit der Liga dazu: Welche Nachweise – auch finanzieller Art – müssen zu welcher Deadline abgearbeitet sein? Die Aufgaben sind noch umfangreicher als sie in der Zweiten Liga Pro schon waren. Das ist ein Dauerbetrieb.

Und die Kaderplanung findet zudem statt.

Genau. Zwei Neuzugänge haben wir in Hanna Kögler und Lea Finger schon präsentiert, zwei weitere werden wir demnächst vorstellen. Wir sind noch dran, ein, zwei weitere Verstärkungen zu holen. Damit sind vor allem Chefcoach Manuel Hartmann, Co-Trainer Nico Reinecke und Sportdirektor Jan Lindenmair beschäftigt. Hanna und Lea sind zwei Spielerinnen, die in unser Konzept passen – jung, talentiert, entwicklungsfähig. Wir fahren weiterhin die Schiene, dass wir keine Legionäre aus dem Ausland holen. Das könnten wir vom Aufwand her gar nicht stemmen – Anflug, Rückflug, Wohnung, Behördengänge. Dazu würden wir hauptamtliche Strukturen benötigen, um das abzuarbeiten und die Spielerinnen zu betreuen.

Das heißt, es könnte bis zu sechs Neuzugänge bei Aufsteiger TSV Flacht geben.

Natürlich müssen wir den Kader verstärken, wir werden das aber nicht in der Breite tun, denn wir haben in der Bundesliga weniger Spiele. Wir können es uns bei den Blaubären nicht leisten, für jede Position einen Back-up zu verpflichten. Wir arbeiten mit einem kleineren Kader und wollen einige Jugendspielerinnen hin und wieder reinbringen. Wir sind in der Kaderplanung aber schon sehr weit.

Das Thema Lizenzierung ist durch?

Ja, aber es gibt immer kleinere Dinge, die wir noch nachschärfen müssen. Da geht es auch um finanzielle Abgrenzungen. Der TSV Flacht als eingetragener Verein grenzt die Finanzen anders ab als die Saison läuft, da sind wir dran, das nach und nach umzustellen. Und dann müssen wir regelmäßig Nachweise liefern, dass die Saison gesichert ist. Da hängt viel Arbeit dran. Die Liga schaut verschärft drauf, dass die Clubs liquide sind und es bleiben, aufgrund der Vorkommnisse in der Vergangenheit. (die Frauen-Bundesliga bestand wegen verschiedener Probleme zuletzt nur aus neun Mannschaften, d. Red.)

Zur Finanzierung gehören auch die Einnahmen aus Ticketverkäufen.

Selbstverständlich. Dabei treibt uns vor allem eine Frage um: Von welcher maximaler Zuschauerzahl können wir ausgehen? Wir haben ein Konzept und warten, was da jetzt kommen möge.

Gibt es nichts Neues von der Gemeinde Weissach bezüglich der Ertüchtigung der Heckengäusporthalle? Davon hängt ja die Maximalauslastung ab.

Nein. Aber an dieser Entscheidung hängt, wie Sie sagen, viel ab. Wird die Halle nicht entsprechend verbessert, müssen wir unseren Dauerkartenverkauf eigentlich jetzt stoppen – wir müssen freie Kontingente sichern sowie Plätze für die Sponsoren einplanen. Eine Entscheidung soll noch vor den Ferien fallen, aber dabei sind wir außen vor.

Welche zusätzlichen Aufgaben müssen die Blaubären in der Bundesliga im Vergleich zur Vorsaison erfüllen?

Es sind mehr Termine, zum Beispiel in Arbeitskreisen. Wir sind im August zum Länderspiel gegen die Schweiz in Wiesbaden eingeladen, das ist schön und Luxus pur, aber danach findet ein Arbeitskreis statt und am folgenden Tag noch einer. Da ist ein anderer Zug dahinter als in der Zweiten Liga Pro. Und es gibt viele Feinheiten, bei denen wir noch schneller und präziser arbeiten müssen.

Zum Beispiel?

Die Fristen sind kürzer. Bericht und Bilder von den Spielen müssen schneller online sein, dann müssen wir Spielerinnen abstellen, die beim Medientag der Liga anwesend sein müssen, es gibt mehr Veranstaltungen. Aber das ist ja richtig so: Wir sind auf dem höchsten Niveau in Deutschland, dann können wir nicht sagen: Na ja, den Spielbericht stellen wir ein paar Tage später ins Netz.

Was empfinden Sie, wenn Sie in diesen höchsten Kreisen verkehren? Vor vier Jahren waren Sie dort ein Unbekannter.

Da mache ich mir keine Gedanken. Klar, es ist krass, mit einem ehemaligen Nationalspieler am Tisch zu sitzen, der bei einem anderen Club Manager ist. Das war für mich anfangs schwer greifbar. Aber wir als Blaubären des TSV Flacht werden voll wahrgenommen und niemand gibt uns das Gefühl, wir seien irgendwelche Spinner aus der Provinz. Man geht sehr respektvoll und vertrauensvoll damit um. Abgesehen davon: Ich bin noch der gleiche Mensch wie vor vier Jahren.

Die Grundstimmung bei den Blaubären dürfte trotz aller Arbeit gut sein.

Natürlich, jeder bei uns ist dankbar für die neuen Herausforderungen in der Bundesliga und bis in die Fingernägel motiviert – jeder freut sich, dass die Saison bald losgeht. Ich bin aber froh, dass die Saison noch nicht so schnell beginnt, denn wir haben noch einiges an Arbeit zu erledigen.

Das Gespräch führte Jürgen Kemmner