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Eine Nomadin in Sachen Volleyball

Leonberger Kreiszeitung vom 24.10.25 | Jürgen Kemmner

Sie hat es gespürt, dass sie irgendwann nach Deutschland zurückkehren würde. Ihr inneres Gefühl hat Elizabeth Irine Lobzhanidze nicht getrogen. Kurz vor Saisonstart wurde sie von den Binder Blaubären verpflichtet. „Ich freue mich, ein Teil des Teams zu sein“, sagt die junge Frau aus Georgien, „ich freue mich auf das, was jetzt hier vor mir liegt.“

Am kommenden Mittwoch (19.30 Uhr) empfängt der Erstliga-Neuling den VfB Suhl in der Heckengäusporthalle, und die 25-Jährige wird auf ihrer Position als Mittelblockerin spielen – dort hatten die Blaubären lange eine Vakanz, sodass Elizabeth Lobzhanidze, die alle nur Lizzy rufen, Anfang Oktober recht kurzfristig verpflichtet worden war. 

Für die Georgierin aus der Hauptstadt Tiflis war es eine bekannte Übung, ihre Koffer zu packen und nach Irgendwo aufzubrechen – Lizzy Lobzhanidze ist eine Nomadin in Sachen Volleyball. Im Sommer 2023 hatte sie erstmals ihre Heimat verlassen und sich Nawaro Straubing aus der Zweiten Liga Pro angeschlossen, mit im Schlepptau ihre jüngere Schwester Nana, die damals erst 15 war. „Es war gut, dass wir uns hatten“, erzählt Lizzy Lobzhanidze, „es hat den Start erleichtert.“

Nach einer Saison war beim Club aus Bayern Schluss, in der Folgesaison streifte sich die Georgierin das Trikot von Bröndby VK aus Kopenhagen über – und als dieses Engagement endete, kehrte die Volleyballerin wieder nach Tiflis zurück. Bereit für das, was da kommen mag. „Zwischen Mai und September reise ich mit der Nationalmannschaft durch Europa“, erzählt der neue Blaubär; die georgische Auswahl spielt in der Silver League sowie in diversen Qualifikationsspielen zu WM oder EM. Dabei hat Lizzy Lobzhanidze fast jedes europäische Land kennengelernt oder zumindest eine Stadt, das Hotelzimmer und die Sporthalle. „Ich reise gerne, ich mag dieses Leben“, erzählt sie.

Dass der TSV Flacht sich nicht bereits früher gemeldet hat, bedauert sie im Rückblick – denn der Bundesligist hatte in der Vorbereitung ein Trainingslager in der Schweiz. „Die Schweiz fehlt mir noch, da war ich noch nie“, sagt die einzige Ausländerin im Blaubären-Kader, „schade, dass der Kontakt nicht früher zustande gekommen ist.“ Cheftrainer Manuel Hartmann hatte sich bei ihr gemeldet, intensive Gespräche geführt und so den Weg ins Heckengäu bereitet. Co-Trainer Nico Reinecke kümmerte sich um Formalitäten wie Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis. Das beanspruchte viel Zeit, war aber im Grunde kein Problem, weil die Volleyball-Bundesliga als Profiliga firmiert und so die rechtlichen Hürden gut gemeistert werden konnten. „Ich bin Nico sehr dankbar, dass er das alles erledigt hat“, sagt Lizzy Lobzhanidze.

Nun wohnt sie in einer Volleyball-WG mit den Team-Neuzugängen Lea Finger und Hanna Kögler, die Umgangssprache ist mal Englisch, mal Deutsch, „da lernen wir alle täglich dazu“, sagt die Georgierin. Und sie fährt mit einem E-Auto zur Arbeitsstätte und ins Training – was sie sehr genießt. „In Kopenhagen war ich fast nur mit dem Rad unterwegs“, berichtet sie, „das war dann mit der Zeit doch recht anstrengend und nicht so komfortabel.“ Ganz abgekommen vom Radeln ist sie aber nicht, von Mitspielerin Hanne Binkau hat sie sich ein Fahrrad geliehen.

In ihrem neuen Umfeld ist die 25-Jährige angekommen, Tiflis und Kopenhagen sind für sie nur wenig anders als Straubing und Flacht. Es kommt für sie nicht auf den Ort an, sondern den Wohlfühlfaktor. „„Heimat ist für mich, wo man sich wohlfühlt, Freunde hat und glücklich ist“, betont sie und findet, dass „man in kleineren Städten schneller zu sich selbst findet als in turbulenten Metropolen“.

Was nicht bedeutet, dass die Familie für Lizzy Lobzhanidze keinen Stellenwert besäße. Zweimal im Jahr kehrt sie in den Schoß und zu ihren Wurzeln nach Tiflis zurück, hält sich bei ihrer Mutter auf und freut sich über das Wiedersehen mit Schwester Nana und Bruder Peter (der ebenfalls Volleyball spielt) – im Sommer, wenn die Ligen Pause machen und über Weihnachten. „Diese besinnliche Zeit um Weihnachten mit der Familie ist mir sehr wichtig, sie möchte ich nicht missen“, sagt Lizzy Lobzhanidze.

Aber sie wäre keine Volleyball-Nomadin, wenn sie keine Träume hätte. In den starken Ligen in Italien oder der Türkei würde sie gerne aufschlagen, wobei sie eher an Italien denkt, „weil ich mich im System der Türkei eher nicht wohlfühlen würde“. Vorerst sind es die Blaubären, die für sie Heimat sind; wer weiß, wie lange. Einen geografischen Pluspunkt hat Flacht überdies zu bieten: Von hier ist die bislang unbekannte Schweiz im E-Auto in knapp zwei Stunden erreichen.