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Stuttgarter Zeitung | Volleyball Zweite Liga Pro

Die Volleyballerinnen der Binder Blaubären Flacht feiern einen 3:1-Sieg in der Zweiten Liga Pro über Bayer Leverkusen – und sind in Gedanken bei ihrer Teamkollegin Leonie Büdenbender.

Um 21.17 Uhr war am Samstagabend Party in der Heckengäusporthalle in Weissach. Die Binder Blaubären Flacht hatten den entscheidenden Punkt gemacht, hatten den nervenaufreibenden vierten Satz mit 27:25 gewonnen und so das 3:1(21:25, 27:25, 27:25, 27:25) über Bayer Leverkusen gezimmert. Die Volleyballerinnen tanzten im Kreis unten in der Halle, die meisten der 395 Zuschauer auf der Tribüne hüpfen und sangen: „Oh, wie ist das schön, so was hat man lange nicht geseh’n. So schön, so schön.“ Nun besteht keinerlei Grund, den Gesang inhaltlich zu kritisieren, aber korrekt hätte es heißen müssen: „So was hat man niemals noch geseh’n.“ Denn das 3:1 war der erste Au!ritt des TSV Flacht auf der Bühne der Zweiten Liga Pro, und damit ein historischer Markstein in der Geschichte des Clubs. „Wir haben erlebt, wie diese Mannscha! kämpfen kann“, sagte Che!rainer Nico Reinecke erleichtert und glücklich und stolz.

Michael Kaiser hatte kurz nach dem entscheidenden Ball den Hallensprecher viele Sekunden lang so fest gedrückt wie ein seliges Kind seinen geliebten Teddybären – vom Manager war die immense Anspannung abgefallen, ob die Blaubären sportlich und organisatorisch diese Mammutaufgabe Zweite Liga Pro würden stemmen können. Spätestens seit Samstag um 21.17 Uhr ist klar: Sie können. „Ich gebe zu“, sagte der 38-Jährige, „ich habe die eine oder andere Träne verdrückt, als ich gesehen habe, was in der Halle an diesem Abend passiert ist.“

Es war eine Zweitliga-Premiere der großen Emotionen. Da war dieses Spiel gegen die abgebrühten Leverkusenerinnen, die sich seit Jahren auf der Profi- Bühne zu bewegen wissen – was im ersten Satz augenscheinlich wurde. Die Blaubären aus Flacht waren bemüht, aber immer, wenn es kniffig wurde, wussten die Gäste aus Leverkusen eine Antwort. Den Zehn-Punkte-Rückstand konnten die Blaubären zwar verkürzen, doch am Ende von Durchgang eins hieß es 21:25. „Wir waren in einigen Fällen nicht klug genug“, meinte Nico Reinecke, „man hat uns eine gewisse Nervosität angesehen.“

Im zweiten Satz in der Liga angekommen

Doch mit Satz Nummer zwei waren die Flachter Frauen in der Liga mit all ihren Anforderungen angekommen. Angetrieben von Kapitänin Julia Cedeno, die später als beste Spielerin der Blaubären ausgezeichnet wurde, kämp!en die Gastgeber die Leverkusener nieder – frenetisch unterstützt von den Fans, auf denen es viele nicht mehr auf den Sitzen hielt. Auch Satz drei stand Spitz auf Knopf, als Leonie Büdenbender beim Stand von 22:23 nach einem Sprung am Netz mit einem Schmerzensschrei zu Boden fiel. Nach minutenlanger Behandlung samt Stabilisierung des verletzten Knies wurde sie erst auf der Trage in die Kabine gebracht und später vom Krankenwagen abgeholt. „Das war für uns ein echter Schock“, sagte Julia Cedeno. Einige Spielerinnen litten so sehr mit, dass ihnen Tränen in den Augen standen – große Emotionen der nicht willkommen Art. „Aber wir haben uns gesagt: Jetzt gewinnen wir für Leonie“, sagte die Spielführerin.

Team zeigt ungeheuere Charakterstärke

Trotz dieser mentalen Bremse fanden die Blaubären sofort wieder ins Spiel. Sie holten sich in einem Krimi Satz Nummer drei mit 27:25 und schließlich in einem nicht minder aufreibenden Duell auch Nummer vier mit demselben Ergebnis. „Dass die Mannscha! diesen Schlag so bemerkenswert weggesteckt hat“, sagte Chefcoach Reinecke, „zeigt, dass sie enormen Charakter besitzt. Das war ein wichtiges Zeichen.“

Ergo: Die Binder Blaubären Flacht werden kaum die Rolle des Punktelieferanten in der zweithöchsten deutschen Liga spielen, sondern eher die des Favoritenschrecks – schließlich fehlte gegen Bayer Leverkusen in Frauke Neuhaus die zweite Akteurin (neben Cedeno) mit Erstliga-Erfahrung. Lediglich die Verletzung von Leonie Büdenbender verwandelte die Euphorie in eine Freude mit bitterem Nachgeschmack.